Es war an einem trüben Novembertag im Jahre 1909, als der namhafte Mediziner Prof. Dr. Julius Hochenegg an seinen Kollegen Prof. Dr. Anton Eiselsberg folgende Zeilen schrieb:
"Die Not unserer Krebskranken wird immer größer, wir müssen etwas tun, um sie zu lindern. Könnten wir nicht zusammenkommen, um darüber zu sprechen?" In Folge kam es am 17. Dezember 1910 zur konstituierenden Sitzung der "k.u.k. Gesellschaft zur Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit". Als einer der wichtigsten Punkte wurde eine "umfangreiche Aufklärungsarbeit über den Krebs im volkstümlichen Sinn" erachtet und "die Not der Krebskranken zu lindern". Am 20. Dezember 1910 wurde diese neue Gesellschaft der Polizei gemeldet – das war die Geburtsstunde der Österreichischen Krebshilfe.
Gründungsurkunde
Löbliche k.k. Polizeidirektion in Wien!
Die Unterzeichneten machen hiermit die Mitteilung, daß am 17. Dezember 1910 mittags die konstituierende Versammlung der Österreichischen Gesellschaft für Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit stattgefunden hat und bei dieser folgende Funktionäre gewählt worden sind:
- Hofrat Prof. Dr. Anton Freiherr von Eiselsberg, Wien I. Mölkerbastei 5 zum Präsidenten
- Hofrat Prof. Dr. Richard Paltauf, Wien VIII., Florianigasse 2 zum 1. Vizepräsidenten
- Hofrat Prof. Dr. Julius Hochenegg, Wien IV, Ferstelgasse 1, zum 2. Vizepräsidenten
- Prof. Dr. Alexander Fraenkel, Wien IX., Wasagasse 12, zum Schriftführer
- Prim. Doz. Dr. Ludwig Teleky, Wien IX., Türkenstraße 23, zum Bibliothekar
- Dr. Josef Winter, Wien XVIII., Anastasius Grüngasse 54
Wien, am 20. Dezember 1910
Hofrat Prof. Dr. Richard Paltauf
Hofrat Prof. Dr. Julius Hochenegg
Von der Gründung bis heute
VON HEIMBESUCHEN UND KLEINEN GELDBETRÄGEN ZU PROFESSIONELLER FINANZIELLER SOFORTHILFE UND 63 KREBSHILFE-BERATUNGSSTELLEN
Besonders Prof. Hochenegg, der Patienten daheim besuchte, machte die Not, die er dort sah, tief betroffen. Deshalb erhielten ab 1910 „als bedürftig empfundene Krebskranke“ von der Krebsgesellschaft entweder direkte kleinere Geldbeträge oder die Krebsgesellschaft bezahlte für die Radium-Behandlungen.
Heute leistet die Österreichische Krebshilfe österreichweit finanzielle Soforthilfe für alle PatientInnen, die durch die Krebserkrankung in finanzielle Not geraten sind. Aus den „Besuchen von Prof. Hochenegg daheim bei Patienten“ wurde ein Netzwerk aus 63 Krebshilfe-Beratungsstellen mit 100 professionell ausgebildeten Krebshilfe-BeraterInnen (klinischen PsychologInnen, Psycho-Onkologinnen etc.) und vielen ehrenamtlich tätigen Medizinern, die ihre Zeit und ihr Wissen in den Dienst der Sache stellen.
VOM „MERKBLATT IN DER TAGESZEITUNG“ ZU PATIENTENBROSCHÜREN, FACHZEITSCHRIFTEN, PROFESSIONELLEN KAMPAGNEN UND VOLKSBEGEHREN
Die Krebsgesellschaft veröffentlichte 1914 ein Merkblatt in Tageszeitungen und appellierte an die Bevölkerung, nicht erst zum Arzt zu gehen, wenn es zu „massiven körperlichen Beschwerden“ kommt. Eine Botschaft, die gestern wie heute gilt und von der heutigen Krebshilfe in Form von großen Kampagnen jährlich durchgeführt wird. Wollte man 1914 allerdings nicht näher auf Symptome einer möglichen Krebserkrankung eingehen, um „hypochondrisch geneigte Menschen nicht in Panik zu versetzen“ und kommunizierte diese deshalb nur in Fachzeitungen, gibt die Österreichische Krebshilfe heute rund 500.000 Vorsorgebroschüren jährlich heraus und stellt diese der Bevölkerung, Ärzten, Spitälern, Krankenkassen etc. kostenfrei zur Verfügung. Die Gesellschaft warnte in weiteren Merkblättern in Tageszeitungen auch vor Kurpfuschern und ihren vermeintlichen Wundermitteln. Ein Anliegen, das auch die heutige Krebshilfe mit z. B. der Broschüre „Komplementäre Maßnahmen JA – alternative Methoden NEIN“ PatientInnen und Angehörigen unermüdlich vermittelt.
War es 1914 der Kampf der Krebsgesellschaft, die chemische Einfärbung der Wiener Teebutter zu verhindern, sind es auch heute gesundheitspolitische Forderungen (u. a. die HPV-Impfung, die Einführung des Mamma-Screenings uvm.) bis hin zum ersten Volksbegehren in der Geschichte der Krebshilfe („Don’t smoke“), das letztlich auch zur Rauchfreiheit in der Gastronomie führte.
FÖRDERUNG DER FORSCHUNG
Die Krebsgesellschaft unterstützte laufend wissenschaftliche Arbeiten. 1912 beschloss der Vorstand die Errichtung eines Laboratoriums zur chemisch-experimentellen Forschung, das auch bereits ein Jahr später in Betrieb ging.
Für die heutige Krebshilfe ist die Förderung der Forschung mit unmittelbarem Nutzen für die Bevölkerung wichtiger Bestandteil der Arbeit. Allerdings verfügt die Krebshilfe leider nicht über die finanziellen Mittel, um Grundlagenforschung zu fördern.